Samstag, 7. Juni 2008

Minusgrade und Muskelkater auf Lombok

Als JD, ein Kommolitone hier in Singapur mit Ursprung im fernen Indien (ungeachtet der Tatsache, dass Singapur doch noch ein Stueckchen weiter weg ist) mich fragt, ob wir nicht mal gemeinsam einen Ausflug nach dem Trimester wagen sollten, stimme ich natuerlich sofort und voellig naiv zu. Er wuerde gern einmal "trekken" oder auch "hiken", zu deutsch auch "wandern" oder "bergsteigen". Nichts leichter als das. Suedostasien bietet gluecklicherweise viele Moeglichkeiten seinem Ende knapp zu entgehen und damit es sich dieses Mal auch lohnt, waehlen wir Lombok, eine kleine Insel im Osten Balis, Indonesien. Diese Insel verdankt ihren Ursprung den diversen Ausbruechen des Vulkans Rinjani, von Einheimischen auch Gunung Rinjani genannt. Und genau diesen gilt es in unseren "Ferien" zu besteigen - laeppische 3,726 Meter, nur um einen Sonnenaufgang von oben zu bestaunen...gut, ich gebe ja zu, dass das aus dem 18. Stock hier in meinem Zimmer in Singapur etwas weniger aufregend ist....

Mit Abschluss der letzten Klausuren und einigem Kopfzerbrechen darueber, was ein lebensmueder Bergsteiger wohl so fuer gewoehnlich in seine Tasche packt, geht es los. Es ist der 31. Mai und wir steigen in die Boeing 737 der Nationalfluglinie Indonesiens, Garuda - eine von was-weiss-ich-wievielen indonesischen Airlines, welche in Europa striktes Landeverbot geniessen und damit auf der sogenannten "schwarzen Liste" zu finden sind...Da ich so schnell auf keinen Gott komme, zu dem ich beten kann, akzeptiere mein Schicksal und lande nach zwei Obstsalaten und einigen YogiGums in Denpasar, der Hauptstadt Balis. Mit dem Taxi geht es direkt weiter nach Padang Bai, wo wir am naechsten Morgen die Faehre nach Lembar, Lombok nehmen. Der vier einhalb Stunden Trip ist heiss und eher unspektakulaer, die darauf folgende Busfahrt nach Senaru dafuer abenteuerlich. Der Staub, der von der sandigen Strasse durch das Loch im Boden des Busses in mein Gesicht geweht wird, faerbt meinen Koerper gelblich braun und wer weiss, welche Farbe meine Lunge annahm....Schliesslich kommen wir in Senaru an und bestaunen unsere Huette....Worauf habe ich mich hier eingelassen???? Der folgende Tag ist der erste unseres 3-Tages-Treks.



Tag 1:

6:30 Uhr klingelt der Wecker. Angesichts der Badumstaende verzichte ich auf eine morgendliche Dusche. Zum Fruehstueck gibt es einen Bananeneierkuchen und einen Bananensaft (ja, ich liebe noch immer Bananen in jeglicher Form). Um 7:20 Uhr kommt der Minibus, in dem ein franzoesiches Paerchen, welches sich auf seiner Weltumrundungstour befindet, auf uns wartet. Vier Lebensmuede, unser Guide (Bergfuehrer) Adil und ein verrueckter Fahrer bringen uns ins eine Stunde entlegene Sembalum. Der Trek beginnt bei einer Hoehe von 800 Metern.

Ziel ist es das Basiscamp in 2,700 Meter Hoehe noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Den Vormittag wandern wir duch eine baumlose Savanne. Der Schweiss tropft, die Motivation sinkt das erste Mal, doch der Berg liegt vor uns in all seiner Pracht....



Zum Mittag halten wir, d.h. die Lebensmueden, Adil und zwei Traeger zwischen zwei hohen Felsen. Die Traeger begleiten uns fortan den gesamten Trek entlang. Sie tragen jeder mehr als 30 Kilo Gepaeck, bestehend aus unseren Zelten und Schlafsaecken, Kochausruestung, viel zu Essen etc. Sie tragen Flipflops - die gesamte Zeit. Und sie sind hervorragende Koeche!

Nach dem Essen offenbart uns Adil, dass nun der schwierige Teil des Aufstieges beginnt. Es gilt 6 Berge zu besteigen. Nummer 4 und 6 seien dabei die haertesten...Und Nummer 4 ist in der Tat brutal, doch Nummer 6 raubt uns allen den Verstand. Als wir gegen 18:00 Uhr das Basiscamp erreichen, packt mich die Verzweiflung und ich beginne den Glaube daran zu verlieren, dass ich den Summit, die Bergspitze, je erreichen kann...Trotzdem wird der Wecker auf 2:30 Uhr gestellt...Wir werden sehen....

Tag 2:

2:30 Uhr klingelt der verdammte Wecker. Es ist saukalt...Meinen Wintermantel habe ich in Deutschland gelassen. Adil drueckt uns ein paar Cracker in die Hand. Sie sollen uns Kraft fuer den Aufstieg geben. Wir befinden uns auf 2,700 Metern Hoehe. Ganze 1,000 Meter gilt es nun hinter sich zu bringen. Der Sonnenaufgang ist um 6 Uhr. Unsere Muskeln sind hart und haben offenbar Nummer 6 noch nicht voellig ueberstanden. Adil gibt mir ein Licht, welches ich an meiner Stirn befestige. Drei Pullover bewahren mich noch immer vor dem Erfriertod. Adil ist fit und mit ihm Schritt zu halten faellt schwer. Heute traegt er als einer der wenigen Guides keine Flipflops...

Schliesslich liegt der Summit nur noch wenige Meter vor mir...Ich kaempfe. Die Steigung ist immens und der Boden besteht nun nur noch aus faustgrossen losen Steinen. Jeder Meter Weg fuehlt sich an wie die gesamte Nummer 6. Am Ende setze ich mich...20 Meter sind es noch zur Spitze, doch meine Kraefte lassen keinen Schritt mehr zu. Die Sonne geht auf. Es ist SAUkalt...Doch fuer folgende Bilder hat sich die Qual bis hierher gelohnt....



Ich steige wieder hinab, um JD Gesellschaft zu leisten, der auch auf 3,200 Meter seinen Frieden finden konnte. Gemeinsam bahnen wir unseren Weg zurueck zum Basiscamp, in dem erneut leckere Bananeneierkuchen und suesser Tee auf uns warten. Ca. 20 Minuten spaeter treffen auch die Franzosen und Adil ein. Man gewaehrt uns eine Stunde Pause bevor wir auf 2,000 Meter hinabsteigen und den See bewundern. Ich plane meine erste Waschung nach anderthalb Tagen Schweiss und Anstrengung.



Am See angekommen wird jedoch zunaechst mein Mut genommen. Ich wandere eine Weile umher um letztendlich einen Fluss zu finde, welcher ein paar Meter weiter einen Wasserfall bildet. Die erste Waschung in freier Natur. Das Wasser ist kalt, doch jeder Tropfen fuehlt sich sagenhaft an...

Nach einem leckeren Mittag treibt uns Adil zum naechsten Aufstieg an. Das zweite Basiscamp erwartet uns auf der anderen Seite des Vulkans in 2,600 Meter Hoehe...Es wird wieder kalt die Nacht. Doch die Aussicht ist atemberaubend!



Tag 3:

Heute geht es zurueck nach Senaru. 2,000 Meter Abstieg. Gluecklicherweise sind 60 Prozent der Strecke Dschungel und damit nicht allzu warm. Unsere Muskeln schmerzen jedoch, doch bergab ist einfacher!

Mein Gesicht schmerzt und meine rechte Hand ist geschwollen. Das Herabklettern vom Summit in der Morgensonne hat offenbar seine Spuren hinterlassen...



In Senaru angekommen, machen wir uns auf dem schnellsten Wege zu den Gili Inseln, ein begehrtes Reiseziel fuer junde und aeltere Partyfreunde. Die Erwartung Traumstrand sollte jedoch erst am folgenden Tag erfuellt werden und jegliche Entspannung wird nach drei Tagen Folter gern entgegen genommen...



Den letzten Tag muessen wir leider komplett der Rueckreise widmen. Das Boot verlaesst Gili frueh am Morgen, dann geht es zurueck nach Lembar zur Faehre und mit der Faehre rueber nach Padang Bai. Von dort geht es eingequetscht zwischen 7 Koffern und vier Hollaendern zurueck nach Denpasar, wo unser Flieger schliesslich um 00:20 startet...Die erste Nacht in meinem Bett hier in Singapur wahr traumhaft........Doch ein guter Trip liegt hinter mir!

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